Sozialhilfe für ukrainische Flüchtlinge ( Status S)

Seit Ausbruch des Krieges sind rund 75 000 Menschen aus der Ukraine in die Schweiz geflüchtet. (Stand November 2022). Der Bundesrat hat im März 2022 beschlossen, für diese Menschen den Schutzstatus S zu aktivieren. Im November 2022 hat er den Schutzstatus bis März 2024 verlängert.
Die SKOS ist grundsätzlich nur für die ordentliche Sozialhilfe zuständig. In der Asylsozialhilfe berät sie die dafür zuständigen Sozialdienste im Auftrag der SODK. Sie publiziert hier die von einem Fachgremium erarbeiteten und von der SODK genehmigten Antworten (Medienmitteilung vom 11.11.22). Konkrete Fragen aus dem Bereich der Asylsozialhilfe werden ab Mai 2023 im SKOS-Beratungsforum beantwortet. SKOS-Mitglieder können sich für das SKOS-Beratungsforum hier anmelden.
Fragen und Antworten
1. Zuständigkeit und Migrationsrecht
Das SEM empfiehlt allen Schutzsuchenden, in einem ersten Schritt so schnell wie möglich ein Gesuch einzureichen. Das kann hier online gemacht werden. Sobald das SEM die Anmeldung erhalten hat, schickt es eine schriftliche Anmeldebestätigung per Post zu. Der Registrierungstermin wird im Anschluss per E-Mail verschickt.
Personen in Notlagen, insbesondere bei medizinischen Notfällen, haben direkten Anspruch auf Hilfe in Notlagen (Art. 21 ZUG in Verbindung mit Art. 12 BV, vgl. Ziff. 2.1) (vgl. SKOS-Merkblatt «Unterstützung ausländischer Personen aus Drittstaaten» - Punkt 2.4.). Die Zuständigkeiten für Notlagen sind in den einzelnen Kantonen unterschiedlich geregelt. Bitte informieren Sie sich auch bei den zuständigen Stellen in Ihrem Kanton.
Betroffene Personen erhalten mit dem Schutzstatus S rasch und unbürokratisch Schutz in der Schweiz – ohne Durchführung eines ordentlichen Asylverfahrens. Der Schutzstatus «S» gewährt ein Aufenthaltsrecht, Anspruch auf Unterbringung, Unterstützung und medizinische Versorgung und erlaubt den Nachzug von engsten Familienangehörigen. Die Kinder können zur Schule gehen. Zudem besteht die Möglichkeit, eine bewilligungspflichtige Erwerbstätigkeit auszuüben. Personen mit Schutzstatus S können im Schengenraum frei reisen. Die Betroffenen erhalten einen Ausweis S.
Die Zuteilung in die Kantone erfolgt durch die Bundesasylzentren. Die Unterbringung erfolgt in kantonalen und kommunalen Unterkünften oder in privaten Gastfamilien. Mehrere Kantone arbeiten bei der Vermittlung in Gastfamilien mit der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (SFH).
Falls die Geflüchteten in der Nähe von Verwandten oder Bekannten untergebracht werden möchten, wird dies nach Möglichkeit berücksichtigt. Zudem können alle Personen, die bereits bei Bezugspersonen wohnen, dies auch weiterhin tun.
Der Bund erstattet den Kantonen die Sozialhilfekosten für jede unterstützte Person mit Status S mittels Globalpauschale 1.
3. Verfahrensgrundsätze
Grundsatz
Die Ausrichtung von Asylsozialhilfe erfolgt gestützt auf die kantonalen und kommunalen rechtlichen Grundlagen. Dabei sind jedoch in jedem Fall die allgemeinen verfassungsrechtlichen Verfahrensgrundsätze zu beachten und die kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetze.
- Sachverhalt:
Grundsätzlich gilt auch im Asylsozialhilferecht die Untersuchungsmaxime. Das bedeutet, dass die sachlich und örtlich zuständige Sozialbehörde den Sachverhalt von Amtes wegen abzuklären hat. Allerdings kommt dabei der Mitwirkung der betroffenen Person eine besondere Bedeutung zu (siehe auch SKOS-RL A.4.1). - Verbot der Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung:
Die Behandlung eines Gesuches darf nicht verzögert werden. Entscheide dürfen nicht verweigert oder unterlassen werden (siehe auch SKOS-RL A.4.2). - Verhältnismässigkeit:
Entscheide und Auflagen müssen verhältnismässig sein d.h. geeignet, erforderlich und für die betroffene Person zumutbar, um die Ziele der Sozialhilfe zu erreichen (siehe auch SKOS-RL A.4.2). - Ermessen:
Beim Vollzug der Asylsozialhilfe verfügen Sozialhilfeorgane in gewissen Leistungsbereichen über Handlungsspielräume. Diese Spielräume sind pflichtgemäss auszuschöpfen (siehe auch SKOS-RL A.4.2). - Schutz der Rechte im Verfahren, insb. Rechtliches Gehör und Akteneinsicht:
Sozialhilfeorgane haben die Rechte auf Akteneinsicht, Orientierung, Äusserung und Mitwirkung bei der Sachverhaltsabklärung zu wahren. Sie haben Anträge zu prüfen und begründete Entscheide zu erlassen (siehe SKOS-RL A.4.2).
Die betroffene Person hat insbesondere Anspruch auf
- Rechtliches Gehör
- Äusserung und Mitwirkung bei Sachverhaltsabklärungen
- Prüfung der Anträge
- Akteneinsicht
- Erlass und Begründung eines Entscheides
- Ergreifen eines Rechtsmittels
- Schutz der persönlichen Daten im Rahmen der geltenden Datenschutzbestimmungen
Die betroffene Person hat insbesondere folgende Mitwirkungspflichten:
- Auskunfts- und Meldepflicht:
Soweit es für die Beurteilung und Bemessung der Asylsozialhilfe erforderlich ist, hat die betroffene Person in Bezug auf ihre persönlichen und finanziellen Verhältnisse Auskunft zu erteilen und ihre Angaben zu belegen (siehe auch SKOS-RL A.4.1). - Minderungspflicht:
Wer Asylsozialhilfe bezieht, hat nach eigenen Kräften zur Verminderung und Behebung der Bedürftigkeit beizutragen. Der Minderung der Bedürftigkeit dienen namentlich die Suche und Aufnahme einer zumutbaren Erwerbstätigkeit, ein Beitrag zur beruflichen und sozialen Integration, die Geltendmachung von Drittansprüchen und die Senkung von überhöhten Fixkosten (siehe auch SKOS-RL A.4.1).
Generell
Sozialhilfeorgane haben unterstützte Personen ausdrücklich über ihre Rechte und Pflichten schriftlich zu informieren und sich dies bestätigen zu lassen. Auf mögliche Folgen falscher oder unvollständiger Angaben ist hinzuweisen (siehe auch SKOS-RL A.4.2).
Die Ausrichtung von Asylsozialhilfe kann gestützt auf die kantonalen Rechtsgrundlagen der Verwaltungsrechtspflege mit Auflagen verbunden werden (siehe auch SKOS-RL F.1). Diese ist mit der Androhung der Folgen bei Nichtbefolgung der Auflage zu versehen. Auflagen müssen sich auf eine gesetzliche Grundlage stützen und dem Zweck der Sozialhilfe dienen.
Einfordern von Pflichten konkret bezogen auf Autos:
Siehe die Frage «Wie sollen Autos berücksichtigt werden?».
Einfordern von Pflichten konkret bezogen auf Konti in der Ukraine:
- Asylsozialhilfebeziehende mit Status S können mittels Auflage schriftlich aufgefordert werden, monatlich Geld im zulässigen Umfang von ihrem ukrainischen Konto zu beziehen und Einkäufe über die Konten in der Ukraine zu bezahlen.
- Asylsozialhilfebeziehende mit Status S können schriftlich aufgefordert werden, ihre Einkünfte auf mehrere Konten zu verteilen, damit sämtliche Einkünfte verfügbar sind.
- Fehlt es nachweislich an der Möglichkeit, Geld zu beziehen oder auf ein anderes Konto zu überweisen (z.B. fehlende Bankkarte, fehlende Vollmacht, fehlende Anweisung), können mittels Auflage allenfalls über die ukrainische Botschaft in Bern Vertretungsvollmachten an in der Ukraine lebende Personen erteilt werden. Diese Personen können in der Folge in der Ukraine über die Konten der in der Schweiz lebenden Ukrainer und Ukrainerinnen verfügen und Mandate erteilen.
- Kürzung:
Befolgt eine unterstützte Person die Auflagen nicht oder verletzt sie ihre gesetzlichen Pflichten, ist eine verhältnismässige Leistungskürzung zu prüfen (kantonale gesetzliche Grundlagen, siehe auch SKOS-RL F.2). - Fehlende Unterlagen:
Bei unvollständigem Gesuch sind Personen zum Nachreichen von fehlenden Unterlagen aufzufordern, die zur Bedarfsbemessung notwendig sind. Es ist zu würdigen, wenn sich gewisse Unterlagen nicht oder nur erschwert beschaffen lassen. Weigert sich eine gesuchstellende Person, die zur Bedarfsbemessung nötigen und zumutbaren Angaben und Unterlagen vorzulegen, obwohl sie dazu ermahnt und über die Konsequenzen schriftlich informiert wurde, kann ein allfälliger Anspruch auf Asylsozialhilfe durch das Sozialhilfeorgan nicht geprüft werden. In diesem Falle ist ein Nichteintretensentscheid zu fällen oder sind die Unterstützungsleistungen einzustellen, wenn die Unterstützung bereits aufgenommen worden ist. - Keine Verflüssigung der Mittel trotz Zumutbarkeit:
Sind finanzielle Mittel vorhanden und unternimmt die betroffene Person trotz entsprechender Auflage nicht alles Notwendige und Zumutbare, um auf die Gelder zugreifen zu können, liegt eine Verletzung des Subsidiaritätsprinzips vor (siehe auch SKOS-RL A.3). Die Unterstützungsleistungen können im Umfang der nicht verflüssigten Mittel eingestellt werden (siehe auch SKOS-RL F.3). Dabei ist das Prinzip der Verhältnismässigkeit zu beachten. - Verschweigen von finanziellen Mitteln:
Die Unterstützungsleistungen können im Umfang der verschwiegenen Mittel eingestellt werden, falls diese noch vorhanden sind. Die Unterstützungsleistungen können gekürzt werden, falls die Mittel nicht mehr vorhanden sind. Das verfassungsmässig geschützte Existenzminimum gemäss Art. 12 Bundesverfassung ist dabei zu gewährleisten. Zudem kann die Rückerstattung der Unterstützungsleistungen und eine Strafanzeige geprüft werden.
- Keine Veräusserung des Autos trotz Zumutbarkeit der Auflage und Androhung der Konsequenzen:
Einstellung der Unterstützungsleistungen wegen Verletzung des Subsidiaritätsprinzips. - Keine Hinterlegung der Nummernschilder trotz Zumutbarkeit der Auflage und Androhung der Konsequenzen:
Vorgehen gemäss kantonalen gesetzlichen Grundlagen.
Trotz Verhältnismässigkeit der Auflage nicht alles Zumutbare unternommen, um auf die Konten in der Ukraine zugreifen zu können:
Kürzung der Unterstützungsleistungen, falls die Unterstützung bereits aufgenommen ist und/oder Anrechnung der Zuflüsse auf die Konten im Umfang des maximalen monatlichen Bezugs als Einnahmen und Einstellung der Unterstützungsleistungen in diesem Umfang.