Weiterbildungsoffensive in der Sozialhilfe: Allianz für eine breite Umsetzung
Bildung ist die wichtigste Ressource der Schweiz. Sie schafft Wohlstand für die Gesellschaft, sorgt für die von der Wirtschaft benötigten Arbeitskräfte und schützt das Individuum vor Armut. Mit dem bildungspolitischen Ziel, wonach 95 Prozent aller 25-Jährigen über einen Abschluss der Sekundarstufe II verfügen, hat die Schweiz die Latte hoch gesetzt. Das Ziel ist noch nicht erreicht, aber wir kommen ihm jedes Jahr etwas näher.
Um das Bildungsniveau der ganzen Gesellschaft zu verbessern, braucht es Anstrengungen für alle Gruppen, insbesondere auch bei jenen, die einen Berufsabschluss nicht im ersten Anlauf schaffen und wegen der fehlenden beruflichen Qualifikation ihre Existenz nicht selber sichern können.
Die Schweizerische Berufsbildungsämterkonferenz (SBBK) hat im Sommer 2022 ihren Bericht zu den direkten und indirekten Bildungskosten der beruflichen Grundbildung für Erwachsene publiziert. Dieser enthält eine umfassende Übersicht über kantonale Stipendien, Leistungen der Sozialversicherungen (Ausbildungszuschüsse der ALV und Umschulungen der IV) sowie Massnahmen von Branchen und Arbeitgebenden. Der Bericht weist auf die bestehenden Lücken hin und beschreibt die Rolle der Sozialhilfe als unterstem Netz der sozialen Sicherheit mit ihrem Auftrag zur beruflichen und sozialen Integration.
Im Jahr 2021 wurden rund 180 000 Erwachsene zwischen 18 und 65 Jahren durch die Sozialhilfe unterstützt. Rund die Hälfte dieser Personen hat keinen Berufsabschluss, ein Drittel hat Schwierigkeiten im Bereich Grundkompetenzen. Bisher stand die direkte Arbeitsplatzvermittlung von Sozialhilfebeziehenden im Vordergrund. Die Erfahrung aus der Praxis zeigt aber, dass ohne verbesserte Grundkompetenzen und Berufsabschluss die Integration in den Arbeitsmarkt nicht nachhaltig gelingt.
Weiterbildungsoffensive seit 2018
Die SKOS und der SVEB haben vor diesem Hintergrund im Jahr 2018 die Weiterbildungsoffensive in der Sozialhilfe lanciert. Ziel der Weiterbildungsoffensive ist es, dass alle Bezügerinnen und Bezüger von Sozialhilfe die Möglichkeit haben, sich nach ihren individuellen Voraussetzungen und ihrer Eigenmotivation aus- und weiterzubilden. Mit der ersten Phase der Weiterbildungsoffensive konnten seit 2019 dank der Unterstützung von mehreren Stiftungen neun Sozialdienste in der Deutschschweiz sowie der Kanton Tessin dabei unterstützt werden, ihre Förderstruktur im Bildungsbereich zu verbessern. In der Sozialhilfe besteht heute dank der Weiterbildungsoffensive ein erhöhtes Bewusstsein für das Potential der Weiterbildung als Mittel und Grundlage für die nachhaltige Arbeitsmarktintegration. In mehreren Kantonen arbeiten zudem die Bereiche Bildung und Soziales enger zusammen. Die positiven Ergebnisse der ersten drei Jahre der Offensive sind im Evaluationsbericht festgehalten.
Positive Erfahrung nutzen für eine breite Umsetzung
Vor dem Hintergrund des deutlich erhöhten Fachkräftemangels aber auch der fortschreitenden Digitalisierung, welche die Anforderungen an die Kompetenzen der Erwerbstätigen ständig erhöht, ist eine Weiterführung der Weiterbildungsoffensive und eine breite Umsetzung dringend notwendig. Im Bereich der Sozialhilfe soll mit dem Aufbau von stabilen Förderstrukturen in bis zu 40 weiteren Sozialdiensten die Weiterbildungsoffensive in den nächsten drei Jahren in der ganzen Schweiz verankert werden.
Mit der Weiterentwicklung und Etablierung der Zusammenarbeit zwischen der Sozialhilfe und den kantonalen Bildungsdirektionen mit ihren kantonalen Programmen zur Förderung der Grundkompetenzen Erwachsener soll eine wirksame Nutzung der Bildungsangebote für Personen in der Sozialhilfe ermöglicht werden.
Schliesslich wird die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Sozialdiensten und der Wirtschaft angestrebt. Der Fokus liegt dabei auf der Entwicklung von branchenspezifischen Qualifizierungsangeboten, welche für Sozialhilfebeziehende einen niederschwelligen Einstieg in die jeweilige Branche ermöglichen.
Gemeinsame Allianz von Kantonen, Sozialhilfe, Weiterbildung und Wirtschaft
Im Rahmen einer gemeinsamen Medienkonferenz sprechen sich Vertreter/innen aus Sozialhilfe, Kantonen, Weiterbildung und Wirtschaft am 16. Januar 2023 als breite Allianz für eine Intensivierung der Weiterbildungsoffensive in der Sozialhilfe aus. Die Botschaft der Allianz ist klar: alle Sozialhilfebeziehenden sollen - auf der Grundlage ihres Potentials - die Möglichkeit erhalten, sich weiterzubilden. Davon profitieren alle: Die Wirtschaft erhält dringend benötigte Arbeitskräfte, der Staat wird entlastet von Sozialhilfekosten und heute unterstützte Personen können in Zukunft ihren Lebensunterhalt selber sichern. Damit dieses Ziel erreicht wird, braucht es eine breite Allianz und ein gemeinsames Handeln.
Die Ziele der Weiterbildungsoffensive werden unterstützt von