SKOS Richtlinienrevision in drei Etappen
Die SKOS-Richtlinien werden regelmässig revidiert und damit den aktuellen Anforderungen angepasst. Die jeweiligen Anpassungen sind breit abgestützt. An der letzten Revision 2021 wirkten fast 100 Personen aus den SKOS Gremien, aus der Wissenschaft und aus der Praxis mit.
Rückmeldungen aus der Vernehmlassung der vergangenen Revision fliessen ein und werden im nächsten Revisionszyklus verarbeitet. Dieser ist in drei Etappen aufgeteilt:
1. Etappe - Korrekturen (abgeschlossen)
Die erste Etappe beinhaltet Korrekturen. Deshalb wurde hierfür ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren ohne Vernehmlassung bei den SKOS-Mitgliedern gewählt. Der SODK Vorstand hat die Änderungen am 4. Mai 2023 genehmigt. Sie werden am 1. Januar 2024 in Kraft treten.
Präzisierung Begriff Unterstützungseinheit (SKOS-RL C.2, Erläuterungen b)
Der Begriff der Unterstützungseinheit wird auf Anregung der Lehre und der Kommission Rechtsfragen hin präzisiert. Der Grund liegt darin, dass in vielen Kantonen der Begriff der Unterstützungseinheit nicht ausdrücklich in den rechtlichen Grundlagen definiert ist.
Elterliche Unterhaltspflicht (SKOS-RL D.4.2)
Das Bundesgericht verneint in seiner neuesten Rechtsprechung[1] die Aktivlegitimation der Sozialhilfebehörde zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen, die gemäss ZGB auf die Sozialhilfe übergegangen sind. Die SKOS-RL müssen entsprechend angepasst werden.
Entschädigung für Haushaltsführung (SKOS-RL D.4.5. Erläuterungen lit. a)
Die aktuelle Formulierung von SKOS-RL D.4.5 Erläuterungen lit. a widerspricht der Grundvoraussetzung in SKOS-RL D.4.5 Abs. 1, dass eine Haushaltsentschädigung nur in Frage kommt, wenn die nicht unterstützte Person berufstätig ist.
Anspruch auf rückwirkende Auszahlungen bei Fehlern des Sozialhilfeorgans (SKOS-RL E.3)
Die Kommission Rechtsfragen hat empfohlen, die Modalitäten zum rückwirkenden Anspruch bei Fehlern seitens Sozialdienst in die Richtlinien aufzunehmen, da es aus rechtlicher Sicht nicht sein kann, dass die Sozialhilfe zu viel bezahlte Leistungen zurückverlangen kann, aber zu wenig bezahlte Leistungen nicht nachbezahlen muss, wenn der Fehler bei ihr liegt. Diese Praxis wird bereits von vielen Sozialdiensten gelebt.
[1] Entscheid BGE 5A_382/2021 (mit Verweis auf BGE 5A_75/2020)
2. Etappe - Hauptteil
Die zweite Etappe umfasst derzeit 12 Themenbereiche. Wegen der grossen Anzahl von Themen wird die Umsetzung um ein Jahr verschoben mit Inkrafttreten anfangs 2026. Im Herbst 2023 wird die Geschäftsleitung entscheiden, welche Themen definitiv in die zweite Etappe aufgenommen und welche bei Bedarf in die dritte Etappe verschoben werden. Die GL hat zur Begleitung der 2. Etappe eine Koordinationsgruppe eingesetzt, zusammengesetzt aus den Präsidien der SKOS-Kommissionen und zwei GL-Mitgliedern.
Hilfe in Notlagen / Nothilfe
Die Formulierung ist aktuell zu eng und restriktiv. Sie soll entsprechend der Rechtsprechung formuliert werden.
Elternbeiträge/Unterhalt
Die Kommission Rechtsfragen empfiehlt, die SKOS-RL betreffend Vereinbarung zwischen der Sozialhilfe und den Eltern zu revidieren und rechtlich korrekt abzubilden.
Digitale Grundversorgung
Die SKOS-Geschäftsleitung empfiehlt, die Inhalte des neuen Merkblatts zur digitalen Grundversorgung in die SKOS-Richtlinien und Erläuterungen einfliessen zu lassen.
Es wird zusammen mit dem Thema Anpassung des Grundbedarfs behandelt.
Soziale und berufliche Integration
Die Kommission Richtlinien und Praxis empfiehlt, die Inhalte zur beruflichen Integration neu resp. erneut in einem eigenen Unterkapitel des allgemeinen Teils zu bündeln.
Die Kommission RiP hat einen Formulierungsvorschlag für die Änderung der SKOS-RL ausgearbeitet. Dieser soll mit dem Grundlagenpapier zu diesem Thema übereinstimmen, das im Herbst 2023 veröffentlich wird.
Persönliche Hilfe
Die Geschäftsleitung empfiehlt mit Verweis auf die SKOS-Strategie 2025, dass das Thema persönliche Hilfe inhaltlich ausgebaut und als gleichwertiger Teil der Sozialhilfe neben wirtschaftlicher Hilfe dargestellt wird.
Rechtsberatung von Sozialhilfebeziehenden
Das Bundesamt für Sozialversicherungen BSV resp. die Steuergruppe der Plattform gegen Armut empfiehlt, «die Aufnahme eines Anspruchs auf Rechtsberatung in die SKOS-Richtlinien anzustreben».
Prüfung von punktuellen Annäherungen an EL-Bestimmungen
Diese Prüfung erfolgt zusammen mit den Themen Vermögensfreibetrag und Grundbedarf.
Anpassung des Grundbedarfs
Die SODK hat der SKOS einen Prüfauftrag betreffend dem System zur Anpassung des Grundbedarfs gegeben. Dabei sollen die aktuell geltende Koppelung an die Anpassung der AHV/IV-Renten nach Mischindex mit der Koppelung an den Landesindex der Konsumentenpreise verglichen werden.
Die Geschäftsleitung hat dazu eine spezielle Arbeitsgruppe eingesetzt.
Vermögensfreibetrag
Die SKOS-Geschäftsleitung möchte eine Erhöhung der in der Sozialhilfe zu gewährenden Vermögensfreibeträge prüfen.
Es wird ein Gutachten in Auftrag gegeben. Dabei sollen insbesondere Vergleiche zum neu eingeführten Bürgergeld in Deutschland gemacht werden. Auf der Basis dieses Gutachtens wird die RiP Vorschläge erarbeiten.
Kinder und Jugendliche
Die Kommission RiP empfiehlt, dass die besonderen Bedürfnisse von Kindern und jungen Erwachsenen (z.B. bei den SIL) expliziter in den SKOS-RL genannt werden.
Junge Erwachsene und Wohnen
Die Kommission RiP empfiehlt, dass die im Rahmen der Revision 2015/2016 eingeführten Verschärfung betreffend Finanzierung von WG-Zimmern und eigener Wohnungen für junge Erwachsene überprüft und nötigenfalls angepasst werden. Sie können für junge Erwachsene in manchen Fällen kontraproduktive Wirkungen betreffend ihrer Ausbildung resp. ihrer beruflichen Integration haben.
Situationsbedingte Leistungen für Bildung
Die SODK empfiehlt, die Sprachförderung besser in den SKOS-RL zu verankern.
Die Kommission RiP schlägt vor, das Kapitel SIL betreffend Bildung zu überarbeiten und weniger restriktiv zu formulieren. Es soll mit Blick auf die Bildung geschaut werden, was als grundversorgende und was als fördernde SIL betrachtet werden kann.
.
Rückerstattung: Definition der rückerstattungspflichtigen Leistungen
Die SODK hat eine Prüfung des Anliegens, die Rückerstattungspflicht klarer zu regeln (gemäss Faktenblatt SODK), vorgeschlagen. Konkret soll geprüft werden, ob der Katalog nicht rückerstattungspflichtiger Leistungen ausgeweitet werden kann.
Zweckentfremdung von Altersguthaben
Aus Sicht der SODK sollen die Fragen betreffend Zweckentfremdung von Altersguthaben geprüft werden (Verwendung von Vorsorgegeldern entgegen dem Vorsorgezweck für die Rückzahlung von Sozialhilfeschulden).
Die aktuelle Formulierung in den SKOS-RL ist nach Ansicht der Geschäftsleitung ausreichend. Eine Revision ist deshalb nicht notwendig ist. Mit einem Merkblatt (Veröffentlichung im Sommer 2023) soll die bestehende Regelung aber konkretisiert werden.
3. Etappe - Personen in Wohn- und Lebensgemeinschaften
Das Thema Konkubinats- und Haushaltsführungsbeitrag beschäftigt die SKOS bereits seit mehreren Jahren. Um das weitere Vorgehen zu dieser kontroversen Frage festlegen zu können, wird die Geschäftsstelle bis im Oktober 2023 einen Bericht erstellen, der die Fragestellung und die bisherigen Arbeiten zusammenfasst und mögliche Szenarien formuliert. Aufgrund dieses Berichts kann die GL über das weitere Vorgehen entscheiden.
Konkubinat
Die RL zur Unterstützung von Personen in Lebensgemeinschaften sollen überarbeitet werden auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse.
Haushaltsführung/Care Arbeit
Bestimmungen zum Erfassen von Arbeitstätigkeiten unterstützter Personen für nicht unterstützte Personen im selben Haushalt sollen überarbeitet werden auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse. Gemäss SKOS-Strategie ist dabei ein besonderer Fokus auf der Care Arbeit zu legen.
Synoptische Darstellung der 1. Etappe
vom SODK Vorstand am 4. Mai 2023 genehmigt
Inkrafttreten am 01.01.2024
Am Revisionsprozess beteiligt sind alle SKOS Kommissionen. Bei Bedarf werden Experten hinzugezogen. Für die Etappen zwei und drei sind Vernehmlassungen geplant. Die Revisionen werden vom SKOS Vorstand verabschiedet und der SODK zur Empfehlung an die Kantone unterbreitet.
Zeitplan (provisorisch)
1. Etappe | 2. Etappe | 3. Etappe | |
Erarbeiten | bis Okt 2024 | bis Okt 2025 | |
Vernehmlassung | Nov 2024 - Jan 2025 | Nov 2025 - Jan 2026 | |
Genehmigungsprozess | genehmigt Mai 2023 | Apr - Mai 2025 | Apr - Mai 2026 |
Umsetzungsphase | Jun - Dez 2023 | Jun - Dez 2025 | Jun - Dez 2026 |
Inkraftreten | Januar 2024 | Januar 2026 | Januar 2027 |