aktuelle SKOS Richtlinien

Soziale Integration darf nicht Wunschdenken bleiben

Die Sozialhilfe stützt ihren Auftrag auf die sozialen Grundrechte und die Sozialziele der Bundesverfassung (Art. 12 und 41 BV). Die Grundrechte sind: Schutz der Menschenwürde, Recht auf persönliche Freiheit, körperliche und geistige Unversehrtheit sowie auf Bewegungsfreiheit, das Recht auf Meinungs- und Informationsfreiheit und das Recht auf Hilfe in Notlagen (Art. 7ff. BV) sind von besonderer Bedeutung, da sie gegenüber dem Staat einforderbar sind. Die Sozialziele zeigen auf, wo der Staat soziale Handlungsfelder hat, ohne dass daraus individuelle Ansprüche abgeleitet werden können. Bei all diesen Bestrebungen stehen die Stärkung der Selbstverantwortung der Menschen sowie die Aufhebung ungleicher Verwirklichungschancen im Zentrum der Bestrebungen. 

Die Umsetzung dieser Ziele konkretisiert sich in einem Integrationsauftrag der Sozialhilfe auf drei Säulen (Existenzsicherung, Integration und Bildung). Die SKOS hat sich 2023 vertieft mit dem Auftrag der sozialen Integration befasst. Sie widmete dem Thema Raum für Diskussionen, Einblick in eine Reihe von Lösungsansätze und Projekte an der Bieler Tagung. Die SKOS publizierte ferner das Grundlagenpapier «Der Integrationsauftrag der Sozialhilfe: Fokus Soziale Integration.» Die Zeitschrift für Sozialhilfe (ZESO 1.23) verfasste zum Thema einen Schwerpunkt.

Soziale Integration im Kontext einer inklusiven Gesellschaft

Der SKOS  ging es 2023 darum, die soziale Integration im Kontext einer inklusiven Gesellschaft zu verstehen, wo gesellschaftliche Teilhabe und Teilgabe stattfindet. Die Sozialhilfe hat hierbei den Auftrag, Instrumente zur Stabilisierung und Verbesserung komplexer Lebenslagen anzubieten und Vernetzungen zu ermöglichen. Die Partizipation und Motivation der Betroffenen sind dabei zentral. Das Ziel ist, neue Perspektiven zu eröffnen. Dabei kann die soziale Integration die Grundlage für eine zukünftige berufliche Integration bilden – sie muss aber nicht.

Natürlich müssen die beruflichen und sozialen Integrationsangebote in Kombination und in einem Wechselspiel betrachtet werden. Das primäre Ziel der Sozialhilfe ist die Begleitung auf dem Weg zu einer nachhaltigen Verbesserung der Lebenslagen der unterstützten Personen (SKOS-RL A.2). Die Stabilisierung der Lebenssituation und der Gesundheit sind in diesem Kontext zentral. Dieses Ziel kann jedoch nur erreicht werden, wenn die Ressourcen und die Befähigung der Betroffenen zu einer eigenständigen Lebensführung im Vordergrund stehen. Damit dies gelingen kann, ist die Partizipation der Betroffenen entscheidend. Gemäss Berufskodex (2010, S. 10) besteht eine Verpflichtung, die Klientinnen und Klienten an der Entwicklung der Integrationsmassnahmen partizipieren zu lassen, und damit ihre Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit zu wahren.

Auch die SKOS-Richtlinien empfehlen im Kapitel der persönlichen Hilfe (B.), Menschen in belastenden Lebenslagen durch individualisierte Beratung zu unterstützen. Diese Form der persönlichen Hilfe ist im Bedarfsfall auch dann zu erbringen, wenn kein Anspruch auf wirtschaftliche Unterstützung besteht (SKOS-RL B.2 Erläuterungen a)) und gilt auch in jenen Kantonen, welche in ihrer Sozialhilfegesetzgebung die persönliche Hilfe nicht explizit erwähnen (SKOS-RL B.1, Erläuterungen a)). Dieser Anspruch leitet sich ebenfalls von Art. 12 der Bundesverfassung ab: «Wer in Not gerät und nicht in der Lage ist, für sich zu sorgen, hat Anspruch auf Hilfe und Betreuung und auf die Mittel, die für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind».

Soziale Integration braucht Zeit und Netzwerk

Sozialarbeitende sehen sich oft in Anbetracht einer hohen Falllast ausserstande den sozialen Integrationsauftrag zu erfüllen. Im turbulenten Alltag überwiegen oftmals Abklärungen, Beratungen und administrativen Aufgaben im Zusammenhang mit der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz. Damit der soziale Integrationsauftrag und die soziale Integration nicht nur Wunschdenken bleiben, müssten den Sozialarbeitenden genügend Zeitressourcen zur Verfügung gestellt werden.

Corinne Hutmacher Perret, SKOS Leiterin Fachbereich Grundlagen,stv. Geschäftsführerin, 

Zur Autorin:

Corinne Hutmacher-Perret ist Leiterin des Fachbereichs Grundlagen und stv. Geschäftsführerin der SKOS und arbeitet zudem im Bereich Recht und Beratung; Sie ist Sozialarbeiterin und schloss 2023 ihr Masterstudium in Sozialer Arbeit mit der Thesis «Wie gelingt eine Aufstockung personeller Ressourcen in der Sozialhilfe?» ab und setzte sich intensiv für die Realisierung des Caseload Converters ein.