aktuelle SKOS Richtlinien

Schwerpunktthema 2023: Wenn die Mieten steigen

Das Thema Wohnen hat sich der SKOS 2023 förmlich aufgedrängt. Per 1. Juni 2023 stieg der vom Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) festgelegte Referenzzinssatz von 1,25 auf 1,50 Prozent und im Dezember auf 1,75. In Kombination mit steigenden Nebenkosten durch höhere Energiepreise, steigenden Mieten durch energetische Sanierungen und der allgemeinen Teuerung hat sich die Problematik weiter verschärft. Erschwerend kommt hinzu, dass Wohnraum mittlerweile auch in kleineren Städten und insbesondere im unteren Preissegment knapp ist. Am stärksten betroffen von der Wohnungsknappheit sind Einelternhaushalte, gefolgt von Paarhaushalten mit Kindern (Wüest Partner, 2023, S. 17ff).

Kündigungen aufgrund von Zahlungsunfähigkeit

Zwei Mechanismen sind besonders besorgniserregend: Zum einen haben Armutsbetroffene und Armutsgefährdete zunehmend Schwierigkeiten, ihre Wohnung bei steigenden Mieten zu halten. So kommt es vermehrt zu Kündigungen durch Vermieter aufgrund von Zahlungsunfähigkeit und in der Folge zu Zwangsräumungen. Auf der anderen Seite wird es für armutsbetroffene und -gefährdete Personen immer schwieriger, überhaupt eine bezahlbare Wohnung zu finden. Diese Entwicklungen haben die SKOS veranlasst, ihr Grundlagenpapier Wohnen 2020 zu überarbeiten (SKOS, 2020).

Die SKOS ortet die Herausforderungen für die Sozialhilfe vor allem in drei Bereichen. Erstens sind es die hohen Wohnkosten, die dazu führen, dass die Mieten vielerorts über den Mietzinslimiten der Sozialhilfe liegen. Zweitens leben Armutsbetroffene oft in Wohnungen mit schlechter Wohnqualität. Häufig befinden sich diese Wohnungen an lärmbelasteten Lagen, inmitten von Hitzeinseln und sind von Undichtheiten, Schimmel oder Überbelegung betroffen. Schließlich verschärft sich das Problem der Wohnsicherheit. Mit steigenden Mieten wird es für Armutsbetroffene immer schwieriger, sich ihre Wohnung langfristig leisten zu können. Werden die Mietzinslimiten in der Sozialhilfe nicht erhöht, müssen einige Sozialhilfebeziehende eine noch grössere Differenz zwischen der effektiven Miete und der Mietzinslimite aus dem Sozialhilfebudget bezahlen. Aus Sicht der SKOS ist dies problematisch.

Handlungsoptionen für Behörden

Aufgrund zahlreicher Anfragen von Mitgliedern zum Thema Wohnen hat die SKOS in einem Grundlagenpapier konkrete Handlungsoptionen für die Sozialhilfebehörden aufgezeigt:

  • Mietzinserhöhungen sind mit geeigneten Instrumenten auf ihre Rechtmässigkeit zu überprüfen.
  • Kurzfristig braucht es pragmatische Lösungen für Mieten, die aufgrund von rechtmässigen Erhöhungen neu über den Limiten liegen. Die SKOS empfiehlt, diese vorübergehend, d.h. bis zur Überprüfung und allfälligen Anpassung der Limiten, ohne weitere Auflagen zu übernehmen. Gemäss den SKOS-Richtlinien sollen die Mietzinslimiten auf fachlich fundierten Berechnungsmethoden beruhen und sich auf Daten zum lokalen und aktuellen Wohnungsangebot abstützen.
  • Wenn der Mietpreis bereits vor der Erhöhung des Referenzzinssatzes über der Mietzinslimite lag und die Sozialhilfebeziehenden die Differenz zur Limite selbst finanziert haben, wird eine befristete Übernahme des Mietzinses im Rahmen der Erhöhung des Referenzzinssatzes (bzw. bis zur Mietzinslimite) empfohlen. Damit soll vermieden werden, dass sich der Anteil, den die Sozialhilfebeziehenden aus dem Grundbedarf zu tragen haben, erhöht.
  • In Regionen, in denen ein Mangel an preisgünstigem Wohnraum besteht und ein Umzug in eine Wohnung mit tieferem Mietzins kaum möglich ist, soll in absehbarer Zeit eine Anpassung der Mietzinslimiten in einem angemessenen Rahmen geprüft werden, der die Mehrkosten aufgrund des steigenden Referenzzinssatzes abdeckt. Zu prüfen ist insbesondere eine allfällige Erhöhung der Überschreitungsquoten, d.h. des Anteils der Mietzinse, welche die geltenden Mietzinsrichtlinien überschreiten.
  • Die Sozialhilfe sollte darüber hinaus finanzielle Garantiemodelle sowie spezifische Wohnberatung und Wohnbetreuung anbieten.

Die weiteren Handlungsmöglichkeiten reichen von der sozialpolitischen bis zur miet- und eigentumsrechtlichen Ebene und betreffen sowohl Gemeinden, Kantone und Bund als auch die Eigentümerinnen und Eigentümer von Mietwohnungen. So können im Sinne einer Subjektfinanzierung gezielte Unterstützungen an Personen in prekären finanziellen Verhältnissen ausgerichtet werden. Beispiele dafür sind individuelle Wohnbeihilfen wie die Familienmietzinsbeiträge des Kantons Basel-Stadt oder die «allocation de logement» des Kantons Genf.

Subventionen, fördern und erhalten von günstigem Wohnraum

Auch in den Städten Zürich und Luzern wurden aufgrund der steigenden Energiepreise Subventionen eingeführt. Wichtig ist auch, dass preisgünstiger Wohnraum vermehrt gefördert wird. Zudem sollte darauf Einfluss genommen werden, dass auch Armutsbetroffene tatsächlich von günstigem Wohnraum profitieren. Nicht zuletzt ist es wichtig, den bestehenden preisgünstigen Wohnraum auch preisgünstig zu erhalten. Das Grundlagenpapier kam zum richtigen Zeitpunkt und fand medial eine gute Verbreitung.

Andrea Beeler, Fachbereich Grundlagen

 

Zur Autorin:
Andrea Beeler ist seit 2019 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich «Grundlagen» bei der SKOS und Co-Projektleiterin der Weiterbildungsoffensive. Sie hat einen Bachelor in Sozialarbeit/Sozialpolitik und einen Master in Soziologie. Sie hat ferner die Ausbildung zur fide-Sprachkursleiterin im Integrationsbereich absolviert.