aktuelle SKOS Richtlinien
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SKOS − ein privater Verband prägt seit 100 Jahren die Sozialhilfe

Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) wurde 1905 als Verband der Armenpfleger gegründet, mit dem Ziel, die Armut zu bekämpfen. Heute sieht sie sich als Schnittstelle zwischen Politik und Facharbeit – und gestaltet so die Entwicklung im Sozialwesen massgeblich mit.

«In einer idealen Welt bräuchte es sie nicht.» Es sind dies nicht die Worte, die eine 100-jährige Jubilarin zum grossen Fest erwartet. Doch genau diese hatte der einstige Innenminister Pascal Couchepin gewählt, als er der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) am 2. Juni 2005 im KKL in Luzern zum Jubiläum gratulierte. Die Aussage war nicht etwa als Kritik zu verstehen, im Gegenteil. Denn auch Couchepin war sich bewusst, dass unsere Welt «weit davon entfernt ist», ideal zu sein. Und gerade deshalb seien «Kompromisse zwischen Realpolitik und Sozialarbeit, wie sie die Skos schafft» enorm wichtig. «Gerade indem sie Richtlinien zur Existenzsicherung festlegt.»

Diese Brückenfunktion nimmt die SKOS bereits seit 1905 wahr – wenn auch nicht immer in derselben Form. Damals wurde sie als Verband der Armenpfleger gegründet, zu einer Zeit, als es weder eine Altersvorsorge noch eine obligatorische Krankenversicherung gab. So hatte sich der Verband zum Ziel gesetzt, die Armut zu bekämpfen, eine Fürsorgepraxis zu entwickeln und die Behörden für eine wirksame Sozialhilfe zu gewinnen. Seit 1996 nennt sich dieser Verband nun Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe, welche detaillierte Richtlinien zur materiellen Existenzsicherung erarbeitet, an denen sich Kantone und Gemeinden orientieren. Dies, weil in der Sozialhilfe bis heute einheitliche Regeln auf Bundesebene fehlen.

Erste konkrete Richtlinien 1963

Eigentliche Richtlinien mit konkreten Frankenbeiträgen gab der Verband der Armenpfleger erstmals 1963 heraus. Zuvor veröffentlichte er seine Empfehlungen lediglich in Fachzeitschriften oder an Tagungen. Und wie heute handelte es sich damals bei den Beiträgen und beschriebenen Sozialleistungen um Richtwerte, von denen die Kantone und Gemeinden abweichen können. Ab den 1960er-Jahren wurden die Richtlinien alle zwei bis drei Jahre überarbeitet – und sie wurden stets detaillierter. Aus dem Verband der Armenpfleger wurde schliesslich die Schweizerische Konferenz für öffentliche Fürsorge (Sköf). Es war dies der eigentliche Beginn der neuzeitlichen Sozialarbeit, traten doch an die Stelle von Disziplinierung und Kontrolle der Armen vielmehr Einzelfallabklärungen und individuelle Hilfspläne. Mit dem Namenswechsel zu Skos verabschiedete sich der Verband vom Geist des einstigen behördlichen Fürsorgewesens endgültig. 

Bis Anfang der 1990er-Jahre fanden die Empfehlungen zur Höhe von Haushaltgeld, Wohnungsbeiträge und anderen Unterstützungsleistungen auf wenigen Merkblättern Platz. Das änderte sich jedoch schlagartig: 1992, 1997 und 2005 wurden die Richtlinien komplett revidiert, daraus  wurde ein Regelwerk, das rund 180 Seiten umfasst.

Die Arbeit der SKOS beschränkt sich indes nicht auf das Erarbeiten von Richtlinien. Anhand von Studien und Berichten macht sie die Politik regelmässig auf Missstände aufmerksam und fordert sie so zum Handeln auf. So forderte die SKOS mit dem Bericht «Arbeit statt Sozialhilfe», der Anfang 2017 erschien, den Bund dazu auf, Massnahmen zu ergreifen, um Asylsuchende rasch in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Und Ende Februar 2018 verlangte die Skos, dass über 55-Jährige, die ihre Stelle verlieren, in der Arbeitslosenversicherung (ALV) versichert bleiben sollen.

Sozialhilfeempfänger üben Kritik

Obwohl sich die SKOS mit allen Mitteln dafür einsetzt, mit Grundlagenarbeit, Aufklärung und Vernetzung den Kürzungen in der Sozialhilfe entgegenzuwirken, geriet sie in die Kritik von Sozialhilfeempfängerinnen und –empfängern. Auslöser war die Revision der SKOS-Richtlinien im Jahr 2005, die eine Senkung des Grundbedarfs um 10 Prozent vorsah. Dieser Entscheid stiess Betroffenen sauer auf. Verschiedene Interessengruppen riefen zu einer Protestkundgebung während des 100-Jahr-Jubiläums in Luzern auf. Als Skelette verkleidet machten die Demonstrierenden die Festteilnehmer auf ihre schwierige Situation aufmerksam. Aber auch seitens der Politik, insbesondere der Rechtsbürgerlichen, steht die SKOS immer wieder in der Kritik. Es wird moniert, der in den Richtlinien empfohlene Existenzbedarf sei zu grosszügig. In der Folge der derzeit laufenden Sparbemühungen der Politik traten einige Gemeinden aus der SKOS aus und legten die Sozialhilfeleistungen für ihre Gemeinde gemäss eigenem Gutdünken fest.

Autorin: Lisa Stalder, sozialinfo

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